Wir verlassen Dilijan und auf einmal ist eines der vielen Polizei-Fahrzeuge hinter uns und hält uns an. Schnell kommt heraus: wir waren zu schnell. Der kleine Polizist zeigt uns ein Foto, auf dem Anja 96km/h im Ort fährt. Zu ihrer Verteidigung muss man sagen, sie hat sich dabei dem Verkehrsfluss angepasst.
Dann möchte der Herr unsere Kfz-Versicherung sehen und wir zücken unsere Grüne Karte, aber da haben wir uns geschnitten. Er lässt sich nicht zu irgendwas bewegen und wiederholt öfter das Wort „Strafe“. Ich denke mir zwar noch im ersten Moment: „sollen wir jetzt etwa nochmal über „Los“ gehen?“, doch dann greift er sich ein Stück Papier und gibt uns zu verstehen, dass wir 200 Dollar abdrücken sollen. Da sind Anja und ich im ersten Moment wirklich sprachlos. Das ist praktisch ein Monatsgehalt hier. Dazu kommt, dass wir zwar Touristen sind, aber der gute Mensch hier offensichtlich der Ansicht ist, wir finden unser Geld irgendwo.
Aber ich kenne mich hier mit den Strafen nicht aus und will schon den Geldbeutel zücken ,da macht er einen Fehler. Auf einmal klopft er mir auf die Schulter und streicht die Hälfte der „Straf“. Jetzt sind wir bei 100 Dollar. Anja und ich spannen, was hier grad passiert – der Typ will uns hier abziehen. Leider ist das gar nicht so schwer für ihn, denn ich habe nicht damit gerechnet und alles was wir an Armenischer Währung dabei haben in einem einzelnen Fach meiner Brieftasche. Wenn ich die jetzt aufmache, geht der Preis ganz schnell wieder nach oben. Ich möchte gern zum Motorrad gehen und das Geld reduzieren, aber er lässt mich nicht von dem Polizeiauto weg.
Anja und ich reden auf Deutsch miteinander und versuchen dabei einen Streit zu simulieren, was unsere Aussprache und Gestik angeht. Dabei versuchen wir aber zu besprechen, was wir jetzt machen sollen. Ich kann schließlich einen Teil der Kohle sichern. Ich drehe mich wieder zu dem Mann, um ihm schweren Herzens die 100 Dollar in Aremischen Dram in die Hand zu zählen, doch dann bringt Anjas empörter Blick den Preis auf 70 Dollar runter. Offensichtlich hatte er entweder doch ein schlechtes Gewissen, oder er hatte mit mir Mitleid, weil ich jetzt Ärger mit meiner Frau habe.
Puuh, gut gehandelt, hätte ich gesagt. Auch wenn es ein prächtiger Tag für die beiden Polizisten war. Jetzt bin ich aber dran. Ich will, dass die Jungs uns zu einer Versicherung bringen und wir die Papiere bekommen. Das klappt. Wir drehen also um und fahren wieder nach Dilijan. Mit einem Unterschied. Die gleiche Stecke, wo Anja mit 96 aufgehalten wurde, müssen wir jetzt 120 fahren, um an dem Polizeiauto dran zu bleiben. Die beiden überholen alles und schneiden jeden, während wir einfach versuchen hinterherzukommen.
Ich habe ein wenig das Gefühl, die zwei wollen uns davonfahren, als wir so durch die Stadt brettern müssen. Doch dann halten wir an einem Guesthouse, das auch eine Versicherung zu sein scheint, an, und schon nach einer Stunde haben wir unsere nagelneuen Versicherungspapiere. Wobei wir hier aber nichts mehr bezahlen mussten. Also kostet diese Versicherung nichts, oder die 70 Dollar waren genug für alles was hier grad bezahlt werden musste. Zusätzlich wurde Kaffee und Kuchen von den Polizisten besorgt. Na da könnte sich eine Kontrolle von deutschen Behörden mal eine Scheibe abschneiden. Ich versuche noch eine Schulterklappe von einem der Jungs abzuschwatzen, da ich einen Freund habe, der sich darüber freuen würde. Aber leider sind die beiden auf einmal empfindlich (tut mir leid, Marc). Auch Bilder dürfen wir nicht machen.